Abgespannt, müde, geistig ausgelaugt und ausgepowert. So fühlte ich mich noch Ende letzter Woche. Eine liebe Freundin hatte mir daher geraten, ich solle mich doch am Wochenende mal so richtig entspannen, die Seele baumeln lassen und einfach nur genießen. Ein toller Vorschlag, den ich sofort umgesetzt habe. Männe und ich besuchten das einzige Stadtzürcher Spa. Eine äußerst hochwertige Einrichtung im ehrwürdigen Gemäuer einer ehemaligen Brauerei. Warme Farben, sanftes Licht, beheizter Steinboden und flackernde Kerzen. Entsprechend hochpreisig empfand ich den Eintrittspreis. Die Becken sind in alte, gewaltige Biergärbehälter gebaut worden und vereinen gekonnt Moderne und Antike. Das Holz der Fässer, der Stein der alten Brauerei und die modernen Elemente zerfließen zu einer vollendeten Symbiose.
Wohlfühlambiente und Entspannung garantiert.
Ein weiteres Highlight ist die Dachterrasse, bzw. das Becken auf dem Dach. Beim Baden und Entspannen hat man einen atemberaubenden Ausblick auf den Zürichsee, die Stadt und die Berge, die sich gen Himmel räkeln. Diese Idylle wird nur von einer Tatsache gestört: Frischverliebte. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber das heiße Wasser und das Ambiente scheinen auf junge Menschen eine enthemmende Wirkung zu haben. Ihr müsst euch das so vorstellen: Man watet durch das Wasser und kämpft sich zwischen den knutschenden Pärchen durch. Dabei muss man froh sein, wenn man überhaupt ein Plätzchen findet und nicht an irgendwelche ausgestreckten Gliedmaßen gerät – gut, mache Versteifungen würde man gern spüren. Außerdem ist es mehr als unangenehm, wenn sich neben einem zwei, die Zungen derart tief in den Hals rammen, dass du dich fragst, wann sie hinten wieder rauskommt. Man kann nicht anders, als einen Blick zu riskieren. Man wird förmlich dazu gezwungen. Wir haben also im blubbernden, warmen Wasser geplantscht, während die Luft um uns von Schmatzgeräuschen, Stöhnen und Wimmern geschwängert – treffendes Wort, oder – war. Die jungen Damen klebten förmlich an den stählernen Muskeln der heißen Kerle, während die Lippen der Leute miteinander verschmolzen. Die Finger wanderten überall hin – ja, überall. Kurz fragte ich mich, ob ich mich verirrt hatte und ich in einem Swingerclub gelandet war. Ich schüttelte den Kopf und tauchte unter die Wasseroberfläche, weg von diesen lüsternen Geräuschen. Ruhe. Endlich. Man hörte nur das Gluckern des Wassers. Herrlich. Ich öffnete unter Wasser die Augen und zuckte erschrocken zusammen.
Da, vor mir, schwamm eine glibberige, weißliche Masse!
Ein Schrei entriss sich meiner Kehle, bevor ich viel zu schnell auftauchte und fluchtartig das Becken verließ. Ich duschte lange und ausgiebig, das könnt ihr mir glauben. Es schüttelt mich noch immer, wenn ich daran denke. Da ging sie hin, die Entspannung.