Gääähn. Ich bin derart müde, dass ich kaum aus meinen vom Schlaf verklebten, trägen Augen sehen kann. Erst nach mehrmaligem Blinzeln lichtet sich der neblige Schleier und gibt den Blick auf den letzten Tag einer schrecklich langen Woche frei, die ich am liebsten vergessen würde. Ich strecke mich in der wohligen Wärme meiner Daunendecke und höre, wie meine Gelenke knacken.
Sanft und kaum hörbar springt einer der zwei haarigen Vierbeiner auf meine Decke und schleicht in meine Richtung. Gleichmäßiges Schnurren sowie das sanfte Schubsen eines Katzenkopfes an meinem Kinn, lassen mich lächeln. Liebevoll flüsternd, kraule ich den Kopf des Katers, schlinge ihn fest in meine Arme und drücke ihn an mich.
Die Zeit indes schreitet unaufhörlich voran. Eine brutale, unaufhaltsame Maschinerie. Ich sollte schon längst aus den Federn und im Badezimmer sein. Ich schlage die Decke zurück, was den Kater mehr oder weniger verstört wegspringen lässt, gähne laut und kratze mich am Bauch. Ich schwinge mich träge aus dem Bett und stapfe grummelnd ins Bad. Pochend erwacht ein Schmerz in meinem Körper zum Leben. Meine Facebook-Freundinnen hatten lautstark plakatiert, dass die Altersgebrechen mit 29+1 beginnen würden.
Sie behalten Recht.
Meine rechte Hüfte schmerzt, als ob ich falsch gelegen wäre oder mein nicht mehr ganz so jugendlicher Körper von Arthrose geschüttelt wird. Mein Knie knirscht wie das, eines alten Mannes. Missmutig pflanze ich mich auf die Toilette und spiele gedankenversunken mit dem Katzenweibchen, das mich aufgeregt beobachtet und spielerisch mauzt. Mit meinem Finger kratze ich am Boden, was sie in Lauerstellung versetzt. Sie wippt mit ihrem Hintern hin und her und ihre Pupillen vergrößern sich, bis die Augen fast ganz schwarz sind. Dann stürmt sie los – springt mit ausgefahrenen Krallen auf die Beute, die ich mit meinem Zeigfinger imitiere. Da es noch zu früh am Morgen ist und meine Reaktionsfähigkeit zusammen mit meinem Geist noch immer im Bett liegt, kann ich nicht schnell genug reagieren.
Ihre Krallen bohren sich in mein Fleisch.
Ich schreie und ziehe die Hand zurück, aber sie hängt fest. Ihre widerhakenartige Kralle hat sich in die Haut und durch das Fleisch meines Fingergelenks geschlagen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ich die Spitze ihrer Kralle an meinem Knochen spüre. Als ich sie endlich von mir befreit habe, sehe ich mir die Verletzung an. Blut tritt an drei Stellen aus meinem Zeigfinger. Tränen schießen mir in die Augen und der Tag verschwimmt wieder hinter einem nebligen Schleier.
Fast so, wie er begonnen hat.
Ende