Interviewer (nachfolgend I genannt): „Silvan, wie hast du diese Odyssee in Polen überstanden?“
Silvan Becker (nachfolgend S genannt): „Das war eine schwierige Zeit für mich, die ich nur meistern konnte, weil alle an mich geglaubt haben. Ich hatte die volle Unterstützung von Darius und von meiner Familie. Aber ohne Stefan Greiner hätte ich es definitiv nicht geschafft …“
I: „Was hat Greiner für dich getan?“
S: „Er war ein guter und verlässlicher Freund, der mir das gegeben hat, was ich in diesen schwierigen Stunden gebraucht habe. Er war bei mir, hielt mich im Arm und hat mich ins Leben zurückgeführt … Er war einfach nur da, hat mir zugehört, gab mir Nähe und Geborgenheit.“
I: „Wie geht Darius damit um?“
S: „Anfangs war es schwierig. Er konnte nicht verstehen, warum ich so reagiert habe, wie ich – im Schock – reagiert habe. Er war … eifersüchtig und verletzt. Aber nachdem Greiner mit ihm gesprochen hat, konnte er es akzeptieren. Heute sind wir alle sehr gute und enge Freunde.“
I: „Das freut mich für euch. Wie stehst du zu Greiner? Hat sich etwas verändert?“
S: „Wir sind uns näher. Viel näher und irgendwie verbunden. Und doch muss ich im Geschäft auf eine professionelle Distanz bestehen. Es kann nicht sein, dass mir mein Sicherheitschef auf der Nase herumtanzt …“
I: „Jetzt drückt wieder der CEO von Prime Foods durch. Du bist ja dafür bekannt, dass du deine Mitarbeiter mit harter aber gerechter Hand führst …“
S lacht: „So ist es. Es ist mir wichtig, dass alle die gleichen Chancen haben. Dreimal hintereinander hat die Prime Foods nun die Auszeichnung „Bester KMU-Arbeitgeber der Schweiz“ erhalten. Darauf bin ich sehr stolz. Wir haben auch eine LGBT-Gruppe in der Firma und ich selbst engagiere mich aktiv für die Rechte homosexueller Menschen in der Schweiz.“
I: „Du bist wirklich sehr engagiert. Unterstützt du nicht auch PinkCross bei ihrem Kampf um Gleichberechtigung und Toleranz?“
S: „Es ist mir ein grosses Anliegen, dass sich die Rechte homosexueller Menschen in der Schweiz weiter verbessern. Es soll auch möglich sein, dass wir Kinder adoptieren oder heiraten können… Da ist die Schweiz noch relativ rückständig.“
I: „Vielen Dank für dein Engagement. Apropos rückständig: Sind die Kinder noch nie gemobbt worden, weil sie zwei Väter haben?“
S denkt nach: „Doch. Alexias Klassenkammeraden haben sich über uns lustig gemacht, als wir zusammen am Elternabend erschienen sind …“
I: „War das nicht ungeheuer schwierig für die Kleine?“
S: „Natürlich war es das. Aber aus einem anderen Grund, als du jetzt denkst. Am Abend lag sie in meinen Armen und hat geweint wie ein Schlosshund. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, wie ich sie aufmuntern könnte und wie ich ihr Mut zusprechen kann, da sagt doch die kleine Bohne: „Papa. Die Jungs in meiner Klasse tun mir so leid, die sind so gemein und wissen gar nicht, dass ich die besten Daddys von der ganzen Welt habe …“ Ich war baff. Einfach nur baff. Sie hat geweint, weil die Jungs das nicht sehen konnten, weil sie sich dafür verschlossen haben. Das sie gemobbt wurde, war ihr egal. Es ging ihr um die Ungerechtigkeit, die wir zwei erfahren mussten … Einmalig.“
I: „Sehr bemerkenswert, in der Tat. Wie hat die Schule reagiert?“
S: „Sehr gut. Sie haben alle Kinder zusammengezogen und haben klare Regeln aufgestellt. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Präferenz der Eltern wird nicht toleriert. Sowieso hat die Schule daraufhin das Thema Toleranz aktiv gelehrt und vermittelt … Ausserdem diskutiert man nun bereits darüber, Homosexualität in den Sexual- und Aufklärungsunterricht zu integrieren. Ein spannendes Projekt.“
I: „Eure Zeremonie auf dem Zürichsee war das schwule Ereignis des Jahres. Wie waren eure Flitterwochen?“
S: „Ein Traum. Weisse Sandstrände, Abgeschiedenheit, gutes Essen, vielfältige Tierwelt und eine halbe Insel nur für uns. Ein wahrgewordener Traum …“
I: „Das klingt ja sehr intim. Was hast du für Pläne? Was ist geplant?“
S: „Wir möchten zu fünft, sprich die Kinder, Tamara, Darius und ich, für ein halbes Jahr um die Welt reisen. Asien, Australien, Amerika, Afrika, Südamerika. Einfach mal alles sehen, die Welt erkunden und neue Kulturen und Sprachen entdecken …“
I: „Ich wünsche euch eine unvergessliche Reise!“