Voller Stolz präsentiere ich euch meine XXL-Leseprobe zu ‘Der Bosporus-Kurier’ Viel Spaß beim Lesen.
Prolog: Horror
„Woher hast du diese Scheißdrogen?“, brüllte der Justizvollzugsbeamte, während er Sebastians Kopf mit der flachen Hand gegen die keimverseuchte WC-Schüssel presste. „Woher hast du das Koks? Spuck es aus, du Schwuchtel!“ Die Stimme wurde lauter und bedrohlicher. Die Drohungen des Beamten hallten durch die Enge der Gefängniszelle. Er drehte Sebastians Arm auf seinen Rücken. Wenn er so weitermachte, würde er ihm die Schulter auskugeln.
„Bitte – Aua – Stopp! Hören Sie auf! Ich habe Ihnen schon tausendmal gesagt, dass ich nicht weiß, woher diese Drogen sind. Ich weiß nichts darüber. Die hat mir jemand in den Rucksack geschmuggelt. Bitte, Sie müssen mir glauben! Hören Sie auf! Sie tun mir weh!“, bettelte Sebastian verzweifelt. Seine Angst steigerte sich von Sekunde zu Sekunde. Der Aufseher schien mit der gestammelten Antwort nicht mal annähernd zufrieden zu sein. Er griff mit seiner rauen Hand in Sebastians halblanges, blondes Haar und drückte sein wehrloses und verängstigtes Opfer tiefer in das wassergefüllte Klosett.
Sebastian starrte voller Abscheu und abgrundtiefem Entsetzen in die trübe Flüssigkeit, die in der schmutzigen Chromstahlschüssel schwamm. Automatisch wanderten seine Augen panisch umher und sein Blick fiel auf das Metall an den Seiten. Ein Fehler! An den Rändern hafteten nicht identifizierbare, getrocknete Spuren vorheriger Häftlinge, was Sebastians Brechreiz anregte. Ein ureigener Instinkt, der sich schwer aufhalten lässt. Sebastian wusste, dass sich seine Lage – und das Wasser – massiv eintrüben würden, wenn er sich jetzt übergeben müsste. Er versuchte sich zu beherrschen, um seinen Mageninhalt nicht in die Schüssel zu erbrechen, in die er gleich – ohne Zweifel – eingetaucht würde. Als sein Blick wieder auf die immer näher kommende Brühe fiel, wurde ihm klar, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er damit in Kontakt kommt. Seine Gedanken rasten. Wann erwache ich aus diesem grausamen Albtraum? Bitte lass mich aufwachen! Bitte! Ich habe nichts getan. Wieso passiert mir das? Warum mir? Was für ein Albtraum!
Doch das war kein Albtraum.
Das war die Wirklichkeit in ihrer erschreckendsten und grausamsten Form. Sebastians Körper zuckte und er versuchte sich verzweifelt zu wehren, zu befreien. Der Wärter war stärker und übte unsäglichen Druck auf seinen Arm und seinen Kopf aus. Er fühlte sich hilflos, ohnmächtig und ausgeliefert. Das war das Schlimmste an dieser Situation! Warum passiert mir das? Warum mir? Bitte, lass ihn aufhören! Die ersten Haarsträhnen kamen mit dem trüben Nass in Kontakt. Sebastian konnte fast sehen, wie sie sich mit der Feuchtigkeit vollsogen. Jetzt ging es nicht mehr lange. Sebastian holte tief Luft.
„Na, mal sehen, wie dir das gefällt, du Schwanzlutsch–“, fluchte der Beamte. Die grausamen Worte wurden zu einem Rauschen, als Sebastians Gesicht unter Wasser gedrückt wurde. Er hörte dumpfes Klopfen, den Aufschrei der Metallschüssel.
Blanke Panik, eine unsägliche Angst machte sich in ihm breit, infizierte jede Zelle seines adrenalin- und instinktkontrollierten Körpers. Er versuchte sich zu konzentrieren und den Gedanken an die unhygienische Flüssigkeit in der Toilettenschüssel zu verdrängen. Schwer fiel ihm das nicht. Sein Überlebensinstinkt hatte bereits die Kontrolle übernommen. Seine ganze Kraft bündelte sich in seinem Körper, in seinen Extremitäten. Mit seinen Knien und Füßen versuchte er sich vom nassen und rutschigen Boden abzustoßen, sich aus dem eisernen Griff seines Peinigers zu winden.
Ohne Erfolg.
Jetzt muss ich sterben. Als es Sebastian langsam schwarz vor Augen wurde, wehrte er sich mit aller Kraft dagegen. Er riss seine Lider weit auf und kämpfte gegen die Ohnmacht. Doch er musste seine Augen sofort wieder schließen, da sie wie Feuer brannten. Das Wasser reizte seine Netzhaut. Er musste atmen, er brauchte Sauerstoff! Wie lange wurde er schon unter Wasser gedrückt? Die Zeit schien stehenzubleiben. Eine grausame, unendliche Ewigkeit. Jede einzelne Zelle seines Körpers verlangte nach Sauerstoff, schrie regelrecht danach.
Ich muss atmen! Lass mich atmen!
Der Drang nach Luft zu schnappen, wurde immer unerträglicher. Seine Lungen sehnten sich nach Sauerstoff. Der Schmerz, war brennend, stechend und pulsierend zugleich. Die Angst vor dem Tod, vor einem grausamen Ertrinken, war zentral und mächtig. Sebastians Körper zitterte unkontrolliert. Er wurde von heftigen Krämpfen geschüttelt. Ich kann nicht mehr länger warten! Das war sein letzter Gedanke, bevor er es nicht mehr aushielt, seine Lippen einen Spalt breit öffnete und einen Schwall Wasser in seinen Mund ließ. Es brannte – in seinem Hals, in der Luftröhre und in der Lunge. Lichtblitze zuckten vor seinen Augen. Das Brennen breitete sich auf sein gesamtes Nervensystem aus und sein Schädel fühlte sich an, als würde er in Kürze zerspringen.
Luft! Er konnte an nichts anderes denken.
Sebastians Zellen waren dabei abzusterben, was den Schmerz verursachte. Bald würde sein Gehirn aussetzen und er würde in eine dunkle Bewusstlosigkeit abdriften. Der Schmerz pulsierte in seinem Körper. Langsam verschwamm die Realität.
Ich will noch nicht sterben! Bitte!
Er merkte kaum, wie sein Kopf nach oben gezogen wurde, raus aus dem Wasser. Automatisch schnappte er nach Luft. Er versuchte verzweifelt zu atmen.
Nichts.
Er war wie ein Fisch auf dem Trockenen und merkte wie das Wasser von seinem Gesicht tropfte. Schlagartig strömte der langersehnte Sauerstoff brennend in seine Lungen und versorgte seinen gepeinigten Organismus mit dem lebenswichtigen Elixier. Endlich! Sein Körper wehrte sich gegen das eingeatmete Wasser und so hustete und würgte er die unhygienische Flüssigkeit aus seinen Atemwegen. Er erbrach sich auf den Boden, tränkte seine Hände und Kleider damit. Doch Sebastian bemerkte das kaum. Er schnappte noch immer nach Luft und versuchte tief ein- und auszuatmen. Er weinte, schluchzte und schrie. Die ganze Angst und Panik entlud sich auf einmal. Die Geräusche, die sein geschundener Körper von sich gab, spiegelten den puren Horror wieder. Er spürte die Feuchtigkeit, die ihm über Rücken und die Brust tropfte. Alles war nass und triefte. Doch in diesem Moment war alles egal. Er war so froh wieder frei atmen zu können. Er spürte, wie sich sein Puls langsam beruhigte und auch die letzte Zelle mit Sauerstoff versorgt wurde. Der brennende Schmerz ließ langsam nach und zurück blieb ein dröhnendes Hämmern in seinem Kopf, als ob eine ganze Marschkappelle musizierte.
„Scheiße! Warum tun Sie mir das an? Was habe ich Ihnen getan? Verdammt noch mal!“, presste Sebastian hervor. Er hustete ununterbrochen. Doch statt einer Antwort trat der Beamte zu, traktierte Sebastian mit dem Stiefel. Das Opfer kippte zur Seite. Schmerzboten jagten durch sein überreiztes System. Er atmete schwer, hustete und verkrampfte sich. Er hatte panische Angst.
Todesangst.
Vor wenigen Sekunden war er noch sicher, er müsse ersticken. Eine schreckliche Art zu sterben. Dieser Gedanke erfüllte ihn mit abgrundtiefer Furcht. Er versuchte ruhig zu atmen, sich zu beruhigen. Alles wird gut. Alles wird gut. Du schaffst das!
„Na, redest du jetzt oder soll ich weitermachen?“, keifte ihn der Wärter an.
„N-nein. Bitte, bitte nicht. Ich weiß doch nichts. Wirklich. Bitte … nicht … bitte nicht nochmal. Bitte, nein!“ wimmerte Sebastian. Sein Peiniger war um einiges größer als er, wirkte nahezu riesenhaft, wie er so über Sebastian stand. Mit einem dreckigen Grinsen blickte er auf das Häufchen Elend herab, das vor seinen Stiefeln kauerte und keuchte. Die dunklen Haare des Justizvollzugsbeamten waren zu einem kurzen Bürstenschnitt geschnitten und sein Kinn war vernarbt. Er wirkte stark, gut trainiert.
Sebastian wurde erneut von seinen rauen Händen am Kragen gepackt und nach oben gezerrt. Die Wache schleifte ihn brutal durch den Raum und drückte ihn auf einen Stuhl, der an einem wackeligen, in der Wand verankerten Tisch stand. Der Beamte griff nach Sebastians linker Hand und drückte sie fest auf die Tischplatte. So etwas hatte Sebastian noch nie erlebt. Er hatte keine Chance seinen Arm auf der Tischplatte zu bewegen. Egal, wie sehr er es auch versuchte.
„So, jetzt hörst du mir zu, du Schwuchtel! Du sagst mir, wer dein Dealer ist und woher du diese verdammten scheiß Drogen hast! Verstanden? Wenn du es mir nicht sagst, wirst du es bereuen. Glaub’s mir, du kleiner, schwuler Arsch!“, brüllte ihm der Mann direkt ins Ohr. Er griff nach Sebastians kleinem Finger, schloss langsam seine Faust um ihn und zog ihn mit einem gemeinen Grinsen bis zum Anschlag nach hinten. Die empfindliche Haut um den Finger spannte, als Gelenke und Knochen langsam überdehnt wurden.
„Nein! Nein, bitte nicht! Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß. Bitte! Ich weiß nicht, wer mir diese Drogen untergejubelt hat. Glauben Sie mir endlich! Ich weiß nichts über diese Drogen!“ Während Sebastian um Gnade winselte, drückte der Justizbeamte den Finger weiter nach hinten. Sebastians Finger schien zu explodieren, so als ob seine Haut in Kürze reißen und aufplatzen würde. Wie eine Wurst, die zu lange und zu heiß gekocht wurde.
„Oh Gott … oh Gott. Nein, bitte! Bitte glauben Sie mir endlich! Ich wurde verarscht. Ich weiß nicht woher das Zeug stammt oder wer es mir untergejubelt hat. Sonst würde ich es Ihnen sagen. Ich weiß es nicht!“ Der Schmerz und die Angst vor dem, was gleich passieren würde, mischten sich zu einem explosiven Cocktail, der Sebastians Sinne vereinnahmte. Der Schmerz, der von seinem Finger ausging, verhieß nichts Gutes. Gepeinigt schloss Sebastian die Augen. In diesem Moment geschah etwas Merkwürdiges: Für Sebastian war es, als ob er seinen eigenen Körper verließe und von oben auf diese makabere Szene hinabblickte. Er war abwesend und doch präsent in seinem misshandelten Körper. Alles wirkte so unwirklich, absolut surreal. Sebastian Pola in einer türkischen Gefängniszelle, malträtiert von einem wild gewordenen Justizvollzugsbeamten, in einer Toilette gequält, den Finger bis zum Anschlag nach hinten gebogen. Wieso tut man mir das an? Warum? Doch schon verflog der Moment und er wurde mit einem Ruck zurück in seinen Körper katapultiert.
„Letzte Chance!“, brüllte ihm der Wärter ins Ohr. Für einen kurzen Moment klangen Sebastians Ohren nach, so laut hallten die Worte durch seinen Gehörgang. Aber immerhin hatte er den Druck auf seinen Finger reduziert. Sebastians Gedanken kreisten. Warum hört mir dieser Idiot nicht zu? Warum glaubt er mir nicht? Ich habe nichts mit diesen Drogen zu tun. Mach, dass er mir glaubt! Bitte!
„Ich weiß nicht, wer mir diese Dro-“, flüsterte Sebastian, bevor der Wärter mit einem schnellen und kräftigen Ruck seinen Finger nach hinten knickte. Ohne zu zögern, brach ihm dieses Schwein seinen kleinen Finger!
Das Geräusch des brechenden Fingers dröhnte in Sebastians Ohren. Er brüllte vor Schmerzen. Der brechende Knochen, sein Schrei, alles erhob sich zu einer schallenden Kakophonie. Für Sebastian war es endgültig zu viel. Ihm wurde schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein.
Verzweiflung.
Angst.
Entsetzen.
Dunkelheit.
Stadtrundgang
Sebastians Kurzurlaub in der Türkei neigte sich langsam dem Ende zu. Die Zeit, die er in dieser fremden Stadt, in diesem unbekannten Land verbracht hatte, war intensiv und erfahrungsreich. Ungern dachte er daran, dass er in zwei Tagen wieder bei der Arbeit erscheinen sollte, um den Kunden bei ihren alltäglichen Gesundheitsproblemen zu helfen, sie zu beraten und sie bei ihrer Gesundung zu begleiten. Fairerweise muss man sagen, dass Sebastian eigentlich gerne in der kleinen Apotheke mitten in der Münchner Altstadt arbeitete.
Aber der Alltag wirkte noch so fern.
Er besuchte alleine, nur mit einem Rucksack, einem Reiseführer und einer Karten-App bewaffnet, die bekannteste türkische Stadt am Bosporus, der Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. In Istanbul stößt man an fast jeder Ecke auf atemberaubende Sehenswürdigkeiten und geschichtsträchtige Hotspots. Aber am meisten faszinierte Sebastian die lebendige Kultur der Stadt, die rund um die Uhr pulsiert. Überall finden sich gut besuchte Pubs, Restaurants, Markthallen, Discos und Cafés. Die Stadt wächst und prosperiert. Und bei aller Modernität gelang es, den osmanischen Charme zu bewahren und den Spagat zwischen Kultur, Vergangenheit und Moderne zu meistern. Oft scheint Istanbul vor lauter Touristen und Einwohnern aus allen Nähten zu platzen. Die Straßenbahnen und Busse sind maßlos überfüllt und dauerüberlastet. Es kommt regelmäßig zu Verspätungen, Ausfällen oder zum totalen Verkehrskollaps. Die dicht aneinander gepferchten Touristen sind leichte Beute für dreiste Taschendiebe. Sebastian beobachtete zweimal, wie Kleinkriminelle durch die Züge drängelten und dabei alles zusammenstahlen, was ihnen gefiel. Eine Warnung. Sebastian war sensibilisiert und behielt seine Wertsachen noch viel besser im Blick.
Als Pharma-Assistent verdiente Sebastian als in der Apotheke nicht gerade viel. Und ein junger Mann hat unheimlich viele Bedürfnisse, die es zu befriedigen gilt: das eigene Auto, rauschende Partys, ausgefallene Klamotten, die Ausbildung und sonstige Freizeitaktivitäten. Er war froh, nach zwei Jahren endlich genug Geld für diesen Trip beisammenzuhaben. In seinen sieben Urlaubstagen hauste er in einer kleinen, preisgünstigen Jugendherberge unweit der Hagia Sofia: im Sultanahmet Youth Hostel. Ein schäbiges Etablissement mit zweifelhaftem Ruf. Dennoch das einzige, das er sich leisten konnte und wollte. Er besuchte die ehrwürdige Blaue Moschee, die Hagia Sofia, den umtriebigen Ägyptischen Basar, den beeindruckenden Palast des Sultans sowie den Großen Basar. Überall stolperte er über atemberaubende, architektonische Meisterwerke vergangener Baumeister und Kulturen. Und jedes Mal, wenn er an der Blauen Moschee vorbeiging, warteten tausende Personen auf Einlass.
Verrückt.
Sebastian hatte Glück gehabt. Als er vor zwei Tagen morgens mit der ersten Gruppe die ehrwürdigen Hallen betrat, musste er nicht lange warten. Vor dem Einlass wurden alle Frauen mit langen, blauen Wickelröcken und farbenfrohen Kopftüchern ausgestattet. Die Aufmerksamkeit der Gläubigen soll Allah und der Moschee gelten und nicht den freizügigen Dekolletés der westlichen Frauen. Zudem mussten alle Besucher ihre Schuhe ausziehen und barfuß oder in Socken durch die Hallen schlendern. Füße aus unzähligen Ländern der Welt verbreiteten ein Odeur, das von Weitem zu riechen war. Sebastian fuhr mit der Fähre durch die Häfen am Marmarameer, besuchte die asiatische Seite der Stadt, den Taksim-Platz und die belebten Einkaufsstraßen rund um diesen zentralen Ausgangspunkt. Er unternahm lange Spaziergänge durch die Altstadt und lernte die Gepflogenheiten der Istanbuler kennen. Er war von der türkischen Kultur fasziniert und wollte so viel wie möglich erleben und sehen. Er hatte in diesen paar Tagen viele interessante Bekanntschaften geknüpft und spannende Gespräche geführt. Er fragte nach politischen und religiösen Ansichten und verstrickte sich regelmäßig in angeregte Diskussionen, die allzu oft mit einem türkischen Kaffee und einem köstlichen Lokum – einer extrem süßen und klebrigen Süßigkeit – beendet wurden. Er erlebte eine herzliche Kultur, viel Nächstenliebe, aber auch Menschen, die tief gespalten zwischen dem religiösen und kulturellen Erbe ihrer Vorväter und der saloppen, freien Lebensart des Westens sind. Ein Spagat, der viele Istanbuler vor eine kaum lösbare Herausforderung stellt.
Am vorletzten Tag seiner Istanbul-Reise wollte Sebastian auf den Galataturm – einen Teil der ursprünglichen Stadtbefestigung –, um von hier aus die atemberaubende Aussicht über die Stadt, den umtriebigen Kreuzfahrthafen und den stahlblauen Bosporus zu genießen. Er schlenderte von seiner Ramsch-Herberge aus auf Seitensträßchen die Anhöhe hinab. Die Straßen waren von unzähligen Geschäften und Boutiquen gesäumt. Hier bekommt man alles, was das Herz begehrt: wunderschöne Hochzeitskleider, allerhand Putzutensilien, billige Spielsachen, kitschige Souvenirs, klebrige Kalorienbomben, Schwarzmarkt-Fernseher, Ledergürtel, Second-Hand-Turnschuhe, Ramsch-Anzüge, Kochtöpfe oder vorgravierte (!) Grabsteine. In den ersten Stunden kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mittlerweile hatte er sich an den ganz gewöhnlichen Wahnsinn der türkischen Einkaufskultur gewöhnt. Ein paar Querstraßen weiter empfingen die offenen Holztore des Großen Basars die kaufwütigen Touristen und Einheimischen. Ein unterschwelliger Duft von ätherischen Ölen, intensiven Gewürzen und – naja – Istanbul strömte ihm entgegen. Von Weitem hörte man die Händler, wie sie wohlriechende Gewürze, hochwertige Lederjacken und klebrige Süßigkeiten anpriesen:
„Hallo mein Freund. Hi my friend. Kaufen Jacke? Sonnenbrille? Wanna buy jacket or glasses?“, tönte es von überall her. Die Händler schienen die Touristen sofort in sprachliche Gruppen und Nationalitäten einzuteilen. Sie wussten instinktiv mit welcher Sprache sie ihre „Opfer“ ansprechen mussten, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Die geborenen Verkäufer. Sebastian verneinte jedes Angebot vehement, lächelte freundlich und marschierte weiter.
Zielstrebig.
Wie überall im arabischen Raum, gehört das Marktleben auch in Istanbul zur Einkaufskultur. In jedem Geschäft wird ge- und verhandelt. Egal ob man nun Silberschmuck, Kleider, Süßigkeiten oder Gewürze kaufen will, ob man in einem Kaufhaus, einer Boutique oder beim Straßenhändler kauft, verhandelt wird überall. Jeder Tourist, der die Fähigkeit des Handelns nicht beherrscht, wird gnadenlos ausgenommen und über den Tisch gezogen.
Handeln ist Pflicht.
Fünf Minuten später lag vor Sebastian der nächste Markt: Der Ägyptische Basar. Drei große, steinerne Torbögen empfangen die Besucher aus aller Welt in einer Art Paralleluniversum. Unzählige Korridore führen durch das Innere des weitläufigen Basars. Auf tausenden Steinsäulen thront das gewölbte Dach mit seinen Kuppeln. Um diese Markthalle machte er einen großen Bogen. Ohne mindestens 500 Säckchen mit Gewürzen, Tees und einigen Souvenirs würde er dort nicht mehr herauskommen. Er erinnerte sich lebhaft an seinen ersten Besuch vor drei Tagen. Die Marktleute hatten ihm die Lira förmlich aus den Taschen gezogen und dafür Safran, Paprika, Salz, Curry, Zimt und Kardamom hineingestopft. Es war ein Erlebnis der Extraklasse. Er wurde von Marktstand zu Markstand „weitergereicht“ und ausgenommen wie eine gutgefüllte Weihnachtsgans. Hätte man das Ganze im Zeitraffer mitangesehen, hätte es sicher urkomisch ausgesehen:
„Komm mein Freund“, hatten die Händler krakeelt, während sie ihn in ihre schmuddeligen, kleinen Ladenflächen zerrten. Fremde Hände umfassten seine Handgelenke mit festem Griff und zogen ihn vom Mittelgang weg. „Probieren!“, meinten sie, während sie ihm die zuckersüßen Kariesverursacher in den Mund stopften, ihn damit mästeten, bis er das Gefühl hatte, er müsse sich gleich übergeben. Als er endlich (zu viel) bezahlt hatte, wurde er mit einem knappen „Tschüss“ verabschiedet und vom nächsten Marktverkäufer mit „Komm mein Freund“ in Beschlag genommen. Eine witzige Geschichte, die er seinen Freunden zu Hause erzählen würde. Er besaß genug Gewürze, Souvenirs und Teeblätter für sein restliches Leben. Er wollte nicht Gefahr laufen, erneut in diesen heimtückischen Strudel der fernöstlichen Leckereien-Verkäufer gesogen zu werden, aus dem es beinahe kein Entrinnen gab. Als er den ersten Händler erblickte, bog er in eine angrenzende Seitenstraße ab und umging den starkfrequentierten Basar. Die Straßen, über die keine Heerscharen von Touristen strömten, wirkten heruntergekommen und schmutzig. Überall standen ausgediente Pappkartons herum, Müllsäcke zierten die Straßen und Hunde- und Katzenkot entwickelten sich in der prallen Sonne zu attraktiven Brutstätten für Insekten und Krabbelviecher aller Art. Der säuerliche Verwesungsgeruch verursachte bei Sebastian eine aufsteigende Übelkeit. Aber so funktioniert nun mal die städtische Müllentsorgung Istanbuls: Freie Papier- und Plastiksammler fischen die Wertstoffe heraus und die städtischen LKWs sammeln irgendwann den Rest ein.
Kurze Zeit später schritt er durch die Unterführung, die ihn unter der vielbefahrenen Straße Ragıp Gümüşpala durchführte. Fußgänger aus aller Herren Länder quetschten sich hier durch. Flackernde Neonröhren spendeten kaltes Licht. Auf den Seiten hatten Verkäufer ihre Köstlichkeiten und Waren auf klapprigen Tischen und bunten Tüchern ausgebreitet, Bettler waren auf der Suche nach Wohltätern und Saftverkäufer pressten frische Granatäpfel und Orangen zu erfrischenden Saftkreationen. Die Hitze in der kaum belüfteten Unterführung war erdrückend, der Gestank widerlich und beißend. Die olfaktorischen Abgründe der menschlichen Zivilisation vereinten sich hier unten zu einem Geruchsgemisch der besonders abstoßenden Art. Sebastian war froh, als er auf der anderen Seite auf die Galata-Brücke treten und die relativ frische Außenluft atmen konnte. Die zweigeschossige Betonbrücke ist etwa 400 m lang und trägt eine mehrspurige Fahrbahn, Tramgleise und zwei Gehwege. Auf der unteren Ebene schossen in den letzten Jahren Fischrestaurants und Cafés wie Pilze aus dem Boden und locken die Gäste mit kulinarischen Höhenflügen. An den Seiten des Oberdecks, in den Fußgängerzonen, stehen jeden Tag unzählige Fischer, die ihre Angelhaken ins Wasser werfen und auf Fische warten. Blickt man seitlich vom Brückenportal her über die Brüstung, sieht man die vielen feinen, nylonartigen Fäden, die ins Wasser tauchen.
Ein spezielles und einmaliges Schauspiel.
Wie ein abstraktes Spinnennetz bilden die dünnen Fäden den fließenden Übergang zwischen Land und Wasser. Ab und an fängt ein Fischer einen hilflos zappelnden Meeresbewohner, der samt dem Haken aus dem Wasser gezogen wird. So geht das den ganzen Tag. Die Familienmitglieder wechseln sich beim Fischen ab und so muss der vermeintliche Stamm- und Glücksplatz nie aufgegeben werden. Während Mama zu Hause das Essen kocht, ist Papa mit den Kindern beim Fischen. Danach geht er nach Hause, während der Sohn die Rute bewacht. Kurze Zeit später kommt Mama mit der Tochter und der Sohnemann darf nach Hause, um sich zu erfrischen. Der Zyklus beginnt immer wieder von vorn. Es scheinen sich Gewerbezweige speziell für diese Fischersleute entwickelt zu haben. Wasserboten und Fruchtsaftverkäufer versorgen die Angler mit Erfrischungen, Wurm- und Köderhändler bringen frische Köder und Brezelverkäufer sorgen für das leibliche Wohl. Es wuseln unzählige Menschen auf dem engen Gehweg umher. Ein farbenfroher und abwechslungsreicher Fischbasar inmitten der Stadt – auf der Galata-Brücke. Der einzige Unterschied zu den anderen Märkten der Metropole besteht darin, dass dieser einzig und allein von den einheimischen Fischern lebt. Sebastian schlenderte an den ins Wasser starrenden Menschen vorbei, an den Händlern und Verkäufern und blickte zum Galata-Turm empor.
Ein steiler Aufstieg stand ihm bevor.
Soll ich mir das antun? Sebastian war unsicher. Die Temperatur näherte sich neuen Spitzenwerten und sein T-Shirt klebte bereits an seinem schmächtigen Körper. Keine Chance! Er entschied sich, den mühsamen Aufstieg durch die weitaus angenehmere Fahrt mit der altertümlichen Standseilbahn abzukürzen. Der Eingang zur Tünelbahn befindet sich unweit der Galata-Brücke und ist angenehm kühl und modern gestaltet. Nach wenigen Minuten rumpelte das Gefährt in den Bahnhof, die Türen öffneten sich und hunderte Passagiere strömten in den engen, schlauchartigen Bahnhof. Einige Augenblicke später setzte sich die Standseilbahn wieder in Bewegung, um die neuen Passagiere – inklusive Sebastian – nach oben zu befördern. Das Geräusch, das die Stahlräder auf den abgenutzten Schienen erzeugten, glich dem jämmerlichen Geschrei einer Katze, die mit einer Kreissäge malträtiert wird. Sebastian hielt sich die Ohren zu und kniff schmerzerfüllt die Augen zusammen. Am Zielbahnhof ging er durch die Drehkreuze nach draußen und befand sich sogleich auf der Anhöhe nahe der Unabhängigkeitsstraße. Der kurze Fußmarsch zum Galataturm war kurzweiliger und angenehmer als es der happige Aufstieg gewesen wäre. Sebastian beobachtete die Menschen, die ihm entgegenkamen und musste sich ein Grinsen verkneifen. Die Touristen erkannte man sofort: grelle Schirmmütze, überdimensionale Fotokamera, abgewetzte Turnschuhe, wetterfester Rucksack und eine Windjacke.
So wie er selbst.
Als er um die nächste Ecke bog und sich der imposante Turm endlich vor seinen Augen präsentierte, verpuffte seine gute Laune augenblicklich. Sie vaporisierte quasi. Vor dem Eingang wartete eine unzählbare Menschenmenge auf Einlass. Die Touristen wanden sich gleich einer überdimensionalen Schlange um den steinernen Turm, während die Sonne unbarmherzig auf ihre Köpfe brannte. Einige Engländer glühten wie das Rot einer Verkehrsampel.
„Verdammt, muss das sein?“, grummelte Sebastian, als er sich anstellte. Gefühlte zehn Stunden später erklomm er den letzten Tritt der Wendeltreppe und trat auf die Aussichtsplattform des Festungsturms. Ein herrlicher und einmaliger Rundumblick belohnte ihn für den anstrengenden Aufstieg und das lange Warten – das faktisch nur eine halbe Stunde gedauert hatte. In der Ferne, auf einer Anhöhe, thront die Blaue Moschee. Die sechs spitzen Minarette umspannen den beeindruckenden Kuppelbau und verleihen ihm den unverkennbaren Charakter. Die Palastanlage des ehemaligen Sultans vereinnahmt den gesamten westlichen Zipfel des Goldenen Horns und war schlicht beeindruckend. Die gesungenen Gebete der Muezzins hallten durch die engen Gassen der Stadt und überschlugen sich in den Häuserschluchten. Der Himmel war so blau wie das salzige Wasser der Meerenge. Was für ein gelungener, letzter Eindruck von dieser wunderschönen Stadt! Morgen würde er nach Deutschland zurückkehren und am Montag, pünktlich um neun Uhr, in der Apotheke auf der Matte stehen. Er ließ seinen Blick ein letztes Mal über das großartige Panorama gleiten, bevor er sich an den gaffenden Touristen und blitzenden Fotokameras vorbeidrängte, um zum Ausgang zu gelangen. Zurück ging es durch das am steilen Hang gelegene Altstadtviertel Beyoğlu. Um nicht den gleichen Weg zweimal zu gehen, flanierte er diesmal auf der unteren Etage über die Galata-Brücke, vorbei an provisorischen Marktbuden aus Karton und Restaurants, die mit köstlichen Meeresspezialitäten lockten. An jeder Ecke konnte frischer Granatapfel-Saft gekostet, ein neues Handycover oder eine falsche Marken-Sonnenbrille gekauft werden. Die Saftkreationen der Händler waren köstlich. Sebastian hatte es sich nicht nehmen lassen, an einem Stand einen Fruchtsaft zu bestellen. Einfach lecker und erfrischend. Er staunte nicht schlecht, als er merkte, wie viele Menschen sich hier unten tummelten. Es war ein regelrechtes Gedränge und das Durchkommen nicht gerade leicht. Er war ein bisschen erleichtert, als er sicher auf der anderen Seite angekommen war und den Weg durch den Gülhane-Park zu seinem Hostel in Angriff nehmen konnte. Dieser wunderschöne Park gehört zum Stadtteil Fatih und ist Teil der altehrwürdigen Topkapı-Palastanlage. Majestätische Bäume zieren die Wege und spenden den Besuchern eine schattige Abkühlung von der brütenden Sonne.
„Ja, Mama, es geht mir gut. Wirklich! Ja, alles in Ordnung. Ich werde dir ausführlich berichten, wenn ich zurück bin. Auf jeden Fall ist diese Reise jeden Cent wert! Ja, ich passe auf meine Wertsachen auf. Hm … Ja, natürlich bin ich vorsichtig. Ich freue mich auch dich zu sehen. Mach dir bitte keine Sorgen, okay? Ich liebe dich auch“, säuselte Sebastian ins Telefon, als er am Abend mit seiner Mutter telefonierte. Obwohl er fünfundzwanzig war und vor drei Jahren zuhause ausgezogen war, bemutterte sie ihn wie ein kleines Kind. Manchmal nervte ihn das, aber eigentlich gefiel ihm diese mütterliche Fürsorge ganz gut. Zum einen war er erwachsen und wollte auf eigenen Beinen stehen und doch ließ er sich gerne ab und zu von seiner Mutter verwöhnen. Wer tat das nicht? „Tschüss Mama. Bis morgen! Jaaahaaa, ich passe auf. Wirklich. Tschüss, lieb‘ dich!“
Endlich.
Sebastian ließ sich auf das harte Bett fallen. Müde und erschöpft. Er war ausgelaugt vom vielen Spazieren, Gucken und Fotografieren. Er hatte eines der beiden Einzelzimmer mit Dusche ergattert, die das spärlich eingerichtete Haus bot. Er war froh, nicht mit der breiten Masse übernachten und duschen zu müssen. So etwas lag ihm nicht, denn er war eher verschlossen und zurückhaltend. Bis zu seiner Anreise wusste er nicht, in was für ein Zimmer er einquartiert würde und war ziemlich erleichtert, als man ihm an der Rezeption mitteilte, dass er ein Zimmer für sich allein hatte. Einer dieser Schlafsäle hätte es zur Not wohl auch getan. Aber mit zehn anderen Männern in einem so kleinen Raum zu schlafen und sich die Toilettenanlagen zu teilen, das hätte Sebastian vor ein großes Problem sexueller Natur gestellt: Wie hätte er seine Libido im Zaum halten sollen, wenn sich die Männer ausgezogen und ihre Muskeln verglichen? Er wäre dauergeil gewesen, die reinste Folter! Nicht auszumalen, was die anderen mit ihm gemacht hätten, wenn sie seine Latte entdeckt hätten. Vielleicht hätten sie aber auch alle zusammen gewichst und sich gegenseitig dabei zugesehen?
Wunschdenken!
Bevor er seine müden Augen schloss, dachte er zurück an sein Erlebnis vor drei Tagen auf dem Ägyptischen Basar. Er war gerade in eine neue Marktbude „weitergereicht“ worden, nachdem er beim vorherigen Händler schon Gewürze für die nächsten zehn Jahre eingekauft hatte. Während ihm der neue Verkäufer irgendetwas Süßes in den Mund stopfte, sah er ihn: modisch gekleidet, groß, braune, glatte Haare und wunderschöne graublaue Augen. Sebastian war wie vom Blitz getroffen. Ein unheimlich starkes Gefühl durchflutete ihn und kribbelte in jeder seiner Zellen. Ihm wurde warm und seine Nackenhärchen stellten sich unisono auf.
Der Mann war ein Traum!
In diesem Moment sah der Fremde auf und ihre Blicke trafen sich. Das Kribbeln in Sebastians Körper verstärkte sich und legte seine überhitzte Steuerungszentrale endgültig lahm. Er blendete alles aus, was um ihn herum passierte, nahm nichts mehr wahr. Er vergaß sogar das süße Etwas, das auf seiner Zunge vor sich hin schmolz. Dieser Moment, dieser Blickkontakt, war magisch, einmalig, etwas Besonderes. Plötzlich erhellte ein strahlendes Lächeln das wunderschöne Gesicht des Fremden und seine Augen blitzten auf wie funkelnde Diamanten. Zarte Lachfältchen bildeten sich um diese hypnotischen Augen und die Grübchen an seinem Kinn waren absolut sexy. Seine Zähne waren makellos und weiß wie Schnee. Nach ein paar Sekunden, die Sebastian wie Minuten vorkamen, biss sich sein Gegenüber lasziv auf die Unterlippe und zwinkerte Sebastian zu. Diesem sackten beinahe die Beine weg. So etwas passierte ihm normalerweise nicht und schon gar nicht in einem fremden Land auf irgendeinem Basar, an irgendeinem Stand. Dieser Moment hätte ewig dauern können und Sebastian hätte nichts lieber getan, als das perfekt geformte Gesicht zu verinnerlichen, die gemeinsamen Sekunden zu genießen und in diesem warmen Gefühl zu baden.
Das zerbrechliche Band zwischen den Männern wurde jäh unterbrochen, als der Händler das Geld für die Leckereien, Tees und Gewürze verlangte, zu denen sich Sebastian – allem Anschein nach während seines träumerischen Blackouts – hatte überreden lassen. Wahrscheinlich hatte er bei allem, was der Verkäufer vorschlug, nur zustimmend genickt und konnte sich jetzt natürlich nicht mehr daran erinnern. Als Sebastian die Tüte mit den gekauften Waren entgegengenommen und den Mann bezahlt hatte, suchte er den Laden nach dem jungen, attraktiven Mann ab.
Er war verschwunden.
In diesem Moment verfluchte Sebastian den Verkäufer, sich selbst und den geheimnisvollen Unbekannten. Warum hatte er sich ablenken lassen und den anderen nicht direkt angesprochen? Warum hat der andere nicht gewartet und ihn angesprochen und warum musste der Verkäufer ausgerechnet in diesem Moment nach dem Geld fragen?
Schicksal?
Sebastian lag, plötzlich wieder hellwach, auf dem harten Bett und dachte an diese Begegnung, den intensiven Blickkontakt und das Gefühl, das ihn durchfloss, als er von seinem Gegenüber angelächelt wurde. Spätestens als sein pochendes Glied gegen den dünnen Stoff der Pants drückte, wusste er, dass er sich nach diesem Mann verzehrte, wie sehr er ihn wollte. Er seufzte theatralisch, zuckte mit den Schultern und griff in seine Unterhose um sein halbhartes Glied vom Stoff zu befreien. Er rieb am samtigen Schaft auf und ab und massierte mit seinem rauen Daumen die sensible, pralle Eichel. Er genoss das Gefühl, das seinen Körper elektrisierte. Ein erstes, zögerliches Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Sein Geschlecht pochte im Rhythmus seines Herzens und schwoll vor Verlangen immer weiter an. Während er sich berührte, dachte er an das süße Lächeln, das über die Lippen des Fremden huschte, an sein perfektes Gesicht. Er fand ihn unglaublich sexy. Wie gerne hätte er diese sanften, erotisch geschwungenen Lippen gekostet! Er dachte an den lasziven Biss auf diese Lippen und die funkelnden Augen, die ihn fixierten. Sebastian erhöhte den Druck auf seinen pulsierenden Penis und fuhr sich mit der freien Hand über die Brust bis zu seinen Brustwarzen. Dort war er sensibel und die zärtlichen Berührungen stimulierten ihn noch mehr. Er stöhnte zufrieden auf, als die Wärme durch seine Glieder schoss. Schwer atmend räkelte er sich auf den Laken des Bettes, wand seinen lustkontrollierten Körper. Aus seinem Schlitz sickerten erste, zögerliche Vorboten seiner ansteigenden Erregtheit. Er verteilte die glitschige Flüssigkeit mit seinem kreisenden Daumen auf der Eichel. Der Unbekannte war ein wenig kleiner als Sebastian, ein wenig korpulent und unheimlich süß und attraktiv. Dieses Lächeln, diese Statur, dieser Ausdruck – Sebastian umfasste sein Glied stärker und steigerte den Rhythmus, in dem er sich streichelte. Seine angestaute Lust presste sich mit wimmernden Lauten an die Oberfläche. Er schloss seine Augen und dachte daran, wie er den attraktiven Jungen ausziehen würde und was sie alles zusammen machen könnten. Er wollte ihn wiedersehen, ihn berühren und ihm nahe sein. Er wollte die zarte Haut des Mannes berühren, ihn überall küssen, seinen Körper mit seiner Zunge erkunden und ihm Laute purer Ekstase entlocken. Er stellte sich vor, wie der Mann ohne Kleidung aussah und wie sie sich in den Armen halten, streicheln und berühren würden. Er wollte diese weichen Lippen küssen und mit seiner Zunge den Mund des Unbekannten erkunden. Er wollte den anderen in sich spüren, sich für ihn verwundbar machen und öffnen. Er wollte die Wärme spüren, die sich zwischen den verbundenen, nassen Körpern bilden würde. Er wollte sehen, wie ihn der andere mit seiner Hand pumpte, während sich sein eigener Körper mit einem glänzenden Film salziger Flüssigkeit überzog. Er wollte hören, wie es der andere genoss, in ihm zu sein, wie er Sebastians Hintern liebte und sich später darin ergab. Er wollte die harten, unbarmherzigen Stöße in sich spüren, die schweißfeuchten Berührungen auf seiner Haut fühlen, den Geruch purer Lust aufsaugen. Der Gedanke daran, wie sich ihre beiden Körper vereinigten, war genug, um ihn über den Rand – in die vollkommene Glückseligkeit – zu stoßen. Seine Hoden zogen sich zusammen, das prickelnde Gefühl durchschoss Sebastians gesamten Körper und sein Glied zuckte und pumpte heftig. Sein Herz drohte auszusetzen, schlug wie verrückt. Er stöhnte laut auf und spritze die warme, weißliche Flüssigkeit über seinen Bauch und die Brust. Ein klebrig warmer Schwall traf ihn am Kinn. Unzählige Male pumpte sein explodierendes Geschlecht das fruchtbare Sekret aus der Öffnung und bescherte ihm einen langanhaltenden, intensiven Orgasmus. Schwer keuchend und schnaubend sah er sich die Sauerei an, die er auf seinem Oberkörper und dem Laken veranstaltet hatte.
„Jetzt muss ich nochmal duschen. Scheiße!“, maulte er ungehalten. Die heftigen Nachwehen des intensiven Orgasmus kribbelten in seinen Hoden und sein Körper war entspannt und befriedigt. Seinen geschundenen Füßen und Beinen tat das erneute Wasserbad gut. Er liebte das Gefühl, das ihm warmes Wasser bescherte, wie entspannend es auf seine Muskeln wirkte. Die Reste des Samens wusch er mit Duschgel von seinem Körper, während seine Gedanken erneut zu dem jungen Mann vom Basar zurückkehrten. Ach, wie gerne würde Sebastian ihn wiedersehen! Dazu würde es wohl nicht kommen. Wie groß war die Chance, dass man einen einzigen Menschen in einer so großen Stadt wie Istanbul zufällig wiedersah? Gleich Null. Wie zum Trotz zuckte sein Glied erneut und er spürte wie es erneut anschwoll. Es bettelte um eine zweite Runde, die Sebastian seinem Körper und Geist nicht verwehrte.
Pure Entspannung.
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