Hallo, ihr Lieben
Danke für die vielen tollen Namensideen für den Italiener, die Oma, den Mitbewohner und das Altenheim. Ich weiss ehrlich gesagt noch nicht, für welche Namen ich mich entscheide, aber was ich weiss ist, dass ihr genial seid. ♥ Von daher möchte ich niemandem von euch die erste Leseprobe vorenthalten. Aber ACHTUNG: Unlektoriert. 😉
Viel Spass.
Euer Marc
„Kommt schon. Ihr werdet doch nicht schon beim Warm-up schlappmachen, oder? Jetzt legen wir erst so richtig los. Zehn Minuten Bergintervall. Go, go, go.“ Ricos Stimmlage vermittelt unbändigen Bewegungsdrang und wirkt ansteckend. Keuchen und der eine oder andere Fluch dringen an seine Ohren. Er lächelt und speist den am Lenker seines Indoorbikes befestigten Touchscreen mit den entsprechenden Befehlen. Die Elektronik greift unverzüglich ein und erhöht den Widerstand.
Rico legt mehr Kraft in seine Beine.
Er trägt kurze schwarze Rennradhosen und ein atmungsaktives Muskelshirt in Rot. Diese Klamotten betonen nicht nur seinen sportlich-muskulösen Körperbau, sondern eignen sich bestens fürs Indoor Cycling. Eingängige Popmusik dröhnt aus den Boxen und unterstützt die Sportler bei der Erreichung der gesetzten Trainingsziele. Ricos Sportgerät, ein rotglänzendes Indoorbike – eine Art stationäres Fahrrad ohne Räder, dafür mit Stützstreben als Füße – steht in der Mitte des hell erleuchteten Raums. Leicht versetzt hinter ihm stehen die Bikes der Teilnehmer in einer Reihe. Mit Hilfe eines großen Spiegels behält er jederzeit den Überblick und kann zielgerichtet Ratschläge geben und die Sportler bei Bedarf anfeuern. „Nicht schlappmachen, Bea“, ermahnt er eine sehnige, blondhaarige Frau Mitte Dreißig, deren Gesicht eine äußerst ungesunde Farbe angenommen hat.
Eine überreife Tomate ist nichts dagegen.
Ihre Blicke treffen sich. „Trink einen Schluck und schalt den Widerstand um eine Stufe zurück“ Die Blondine nickt und gibt dem Bordcomputer die entsprechenden Befehle. Dann nimmt sie mehrere Schlucke aus ihrer Trinkflasche und tupft sich die Stirn mit einem Handtuch ab. „Kommt schon, weiter. Lasst euch von der Musik tragen. Setzt euch ein Ziel und fahrt darauf zu.“ Ein feiner Schweißfilm bedeckt Ricos Körper. Sein rotes Shirt klebt an seinem trainierten Oberkörper. Er weiß wie hart das Training ist und dennoch fühlt man sich am Ende als ob man etwas Großes erreicht hat. „Die letzten Minuten noch, Leute. Nicht schlappmachen. Da vorne ist euer Ziel, steht auf und gebt Alles.“ Rico erhebt sich, die Kursteilnehmer machen es ihm nach. Ihm bleiben die teils neidischen, teils lüsternen Blicke auf seinen Knackarsch nicht verborgen – ein Booster für sein Ego.
Schweres Atmen überall.
Das Display piepst, zeigt an, dass die letzten zehn Sekunden angebrochen sind Er zählt laut mit, spornt die Teilnehmer nochmals so richtig an. Ein junger Mann, der das erste Mal an einem Cycling-Kurs teilnimmt, sieht gequält aus. Er kriegt kaum Luft, sein Kopf ist feuerrot und das Haar patschnass. „Gut. Ihr habt es geschafft. Seid ihr stolz auf euch?“
„Ja“, echoen die Teilnehmer im Chor, während sie sich auf ihre Sättel zurückfallen lassen.
„Aber wisst ihr, was das Geilste ist? Wir sind noch lange nicht am Ende. Zehn Minuten Ausdauer. Intervall Nummer fünf.“ Rico lässt seinen Blick über die Teilnehmer schweifen. Bea hat sich erholt, sieht nun wieder topmotiviert aus und auch bei den anderen scheint es keine Probleme zu geben. Bei allen, außer dem glühenden Italiener. „Roberto, alles klar bei dir?“
Ein nicht sehr überzeugendes Nicken.
„Trink etwas und schalte auf Intervall drei zurück.“
„Ich schaffe das schon“, knurrt Roberto und strampelt noch viel schneller, obwohl es mehr als deutlich ist, dass er bald zusammenklappt.
„Du siehst aber nicht so aus. Ich will nicht, dass du in meinem Kurs einen Kreislaufkollaps erleidest. Tu bitte, was ich dir sage.“
„Alles gut.“ Rico seufzt.
„Deine Verantwortung, Kleiner.“ Er schickt dem jungen Mann seinen eindringlichsten Blick. „Gut, nicht nachlassen, Leute. Diese paar Minuten dienen als Entspannung und dennoch soll unser Körper Kalorien verbrennen. Bereitet euch auf den endgeilen Schlussspurt vor. Rennmodus. Zehn Minuten volle Power.“ Erneutes Stöhnen. „Ihr macht das nicht für mich, daran solltet ihr immer denken. Wem es zu schwer ist, der kann gerne gehen.“ Kopfschütteln bei den Sportlern. „Also hört auf euch zu beschweren und verlangt eurem Körper das Maximum ab.“ Die vier Frauen und fünf Männer trinken gierig aus ihren Flaschen, wischen sich den Schweiß von vom Gesicht und strampeln tapfer weiter. Wieder zählt der Instruktor – gewisse dürften ihn auch Folterknecht nennen – die Sekunden runter. „Acht, Rennmodus Stufe vier, sieben, ich will alles von euch sehen, fünf, zehn Minuten volle Power, drei, keine Ausreden, zwei, keine Schwäche, eins, bereit und los.“ Die Teilnehmer bedienen ihre Touchscreens. Ihre Bewegungen werden fast augenblicklich schneller, ihre Atmung hektischer. Rico steht auf, lehnt sich mit den Armen auf den Lenker und tritt kräftig in die Pedale. Die anderen folgen seinem Beispiel. Die Clips an den Schuhen verhindern, dass die Sportler abrutschen und sich verletzen. „Schneller, los, schneller.“
„Sklaventreiber“, murrt die Blondine und schickt ihm böse Blicke, bevor sie sich wieder auf ihren Körper konzentriert. Rico verkneift sich ein Grinsen, wohlwissend, dass ihn die Teilnehmer beobachten.
„Und was seid ihr? Babys? Wollt ihr etwa die Schneckenolympiade gewinnen, oder wie sehe ich das?“ Rico will alles aus den Teilnehmern herauskitzeln. „Los, schneller. Ich will Geschwindigkeitsrekorde sehen. Funken sollen Sprühen.“ Es zeigt die gewünschte Wirkung. Vor allem die Männer legen kräftig zu. Beim männlichen Geschlecht wirkt diese Art von Anspornung fast immer. „Und die Ladies? Ist es zu schwer für euch? Tja, da sieht man mal wieder den Unterschied zwischen den Geschlechtern.“ Na also. Die Damen muss man beim Stolz packen. Zusammen radelt die Truppe auf die unsichtbare Ziellinie zu. Es scheint, als ob niemand mehr auf die Musik hört. Die Sportler sind in ihrer ganz eigenen Welt mit brennenden Muskeln und Körpern am Limit gefangen. Doch niemand will so kurz vor dem Ziel aufgeben oder zeigen, dass er der Herausforderung nicht gewachsen ist. „Noch dreißig Sekunden. Kommt schon. Schneller, gebt nicht auf. Gebt alles. Kommt. Los.“ Natürlich brennt auch bei Rico die Wadenmuskulatur. Zudem ist er total verschwitzt und dennoch gibt ihm dieser Job den gewissen Kick. Schweiß, Kraft, Muskeln, striktes Training und körperliche Betätigung, das ist seine Welt.
Er liebt es.
„Zählt laut mit und legt noch einen Zacken zu. Ich will sehen, wer schneller ist. Ihr, oder ich? Die Frauen oder die Männer!“, brüllt Rico in den Raum. „Zehn“, alle setzen ein. Bei einigen ist außer dem lautstarken Keuchen nichts zu hören.
Vor allem Roberto macht Rico Sorgen.
Der junge Italo sieht noch mitgenommener als zuvor aus. „Neun.“ Er gibt sein Letztes. „Acht.“ Roberto hat die Augen geschlossen, sein Gesicht ist feuerrot. „Sieben.“ Er wird langsamer. „Sechs.“ Soll ich das Training vorzeitig abbrechen? „Fünf.“ Nein, wir beenden es ordnungsgemäß. „Vier.“ Die Teilnehmer sind bis zu den Haarspitzen angespannt. „Drei.“ Der Italiener hängt mittlerweile über dem Lenker. „Zwei.“ Sein Brustkorb hebt und senkt sich viel zu schnell. „Eins und fertig“, beendet er die Trainingseinheit. „Da könnt ihr verdammt stolz auf euch sein. Ihr habt es geschafft! Herzliche Gratulation. Gut, jetzt auslaufen lassen und noch fünf Minuten locker weiterfahren“, instruiert er die Teilnehmer, bevor er sich von seinem Indoorbike schwingt und auf Roberto zugeht. „Wie geht es dir?“, will er wissen und berührt den Mann an der Schulter. Dieser blickt auf. Feuerrot, außer Atem. Die anderen Teilnehmer sehen zu Roberto und dennoch halten sie sich an Ricos Instruktionen.
„Gut“, bringt dieser keuchend hervor.
„Das glaube ich nicht. Steig ab und folge mir. Es ist wohl besser, wenn du dich hinlegst.“
„Es geht mir …“
„Schluss jetzt. Steig ab, sonst muss ich dich dazu zwingen und das wäre für dich mehr als peinlich.“ Die zwei sehen sich einen Moment tief in die Augen, bevor Roberto klein beigibt und widerwillig absteigt. Die Männer verlassen den Trainingsraum und gehen durch das Fitness Studio zum Empfangsbereich. Dort gibt es bequeme Sessel, Regale mit Zeitungen und Magazinen sowie eine Couch. „Leg dich hin. Ich bringe dir etwas zu trinken und einen Energieriegel.“ Ohne Widerworte tut Roberto, was ihm der knackige Instruktor rät. Langsam lässt er sich auf die Couch sinken, noch immer atmend wie ein Walross nach einem Marathon.
„Yoi tsuitachi, Misaki“, begrüßt Rico die japanisch stämmige Kollegin am Empfang freundlich.
„Dir auch einen guten Tag, Rico.“ Obwohl sie es nie zugeben würde, gefällt es ihr ausgesprochen gut, in ihrer Muttersprache angesprochen zu werden. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Das war’s dann aber auch schon mit Ricos Japanisch – obwohl Misaki es schon oft versucht hat, liegt ihm diese fremdartige Sprache einfach nicht. Als der Blick der Empfangsdame auf Roberto fällt, entfährt ihr ein entsetztes Keuchen. „Oh, Gott. Was ist passiert? Was ist mit ihm? Muss ich einen Krankenwagen rufen?“
„Nein, eine Ambulanz braucht der nicht, mach dir keine Sorgen, Misaki. Nicht jeder hält mein Training aus“, entgegnet Rico mit einem breiten Grinsen.
„Ja, das kann ich mir vorstellen“, gibt Misaki zwinkernd und kichernd zurück. „Du sollst doch die kleinen Schwächlinge nicht immer so hart rannehmen, Rico.“
„Ja, ich weiß, aber was soll ich machen, wenn man mir solche Anfänger zuteilt?“
„Er wollte explizit zu dir. Ich habe ihm gesagt, dass es eigentlich kein Kurs für Anfänger ist.“
„Hey, ich kann euch hören“, keucht Roberto. Misaki und Rico lachen vergnügt. Der Fitnesstrainer bedient sich an der Bar mit einer Wasserflasche und einem Energieriegel.
„Hier, trink ein paar Schlucke, bevor du den Riegel isst. Bleib bitte liegen, bis es dir bessergeht. Ich beende den Kurs und schaue nochmals nach dir.“ Roberto nickt und nimmt einen kräftigen Zug aus der Wasserfalsche. Rico trocknet sich das Gesicht mit seinem Handtuch und betritt erneut den Trainingsraum. „Gut, das war’s. Beendet das Training, desinfiziert die Bikes und geht duschen. Ihr wart genial. Jeder einzelne von euch hat heute einen tollen Einsatz geleistet. Hat Spaß gemacht. Das nächste Training ist heute in einer Woche.“
„Du hast uns ja wieder ganz schön rangenommen“, meint Bea vorwurfsvoll, bevor sie einen kräftigen Schluck aus ihrer Wasserflasche nimmt. Sie tritt viel zu nah zu Rico. Er kann sie riechen. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich. Das verschwitzte Top zeigt zu viel von ihrem Dekolletee. Schweißperlen rinnen ihren Brüsten entlang.
Rico unterdrückt ein Schaudern.
Sie fixiert ihn mit einem mehr als eindeutigen Blick. „Ich würde gerne mal ein Privattraining mit dir absolvieren, Rico. Was hältst du davon?“ Sie flirtet ihn an.
„Bea, ich …“
„Jaja, ich weiß, du triffst dich nicht privat mit Kundinnen. Das Studio verbietet es, ich kenne alle Ausreden, aber Rico, du würdest es nicht bereuen. Ich bin sehr …“
„Ich stehe nicht auf Titten, Bea.“ Sie verstummt und starrt ihn an. Man sieht förmlich wie sich in ihrem Kopf die Gedanken überschlagen.
„Schade. Wir hätten sicher viel Spaß zusammen gehabt“, entgegnet sie schnippisch. Sie versucht verzweifelt ihre Contenance zu bewahren. „Warum sind die heißesten Kerle nur immer schwul?“ Damit geht sie davon und schwingt ihren Hintern dabei derart lasziv, dass die Kerle an den Trainingsgeräten aus der Routine kommen. Rico verabschiedet sich von den anderen Teilnehmern.
„Das würde ich gerne wiederholen“, spricht ihn Thorsten, ein großer, schlanker Kerl an.
„Das freut mich, du kannst am Empfang gerne einen neuen Termin buchen.“
„Das werde ich machen.“
„Vielleicht kommst du in die fortgeschrittene Gruppe? Ich könnte mir dich dort gut vorstellen. So wie ich dich heute erlebt habe, würde das gut passen.“
„Okay, alles klar. Danke, Mann.“ Damit verabschiedet sich Thorsten und verschwindet Richtung Umkleide. Der Fitness Instruktor stellt die Musik aus, reinigt sein Rad und alle anderen Trainingsgeräte erneut, reißt das Fenster weit auf und verlässt den Raum. Auf dem Weg zurück zum Eingang, begrüßt er langjährige Kunden, gibt Tipps an den Geräten und unterhält sich mit Kollegen. Rico arbeitet seit drei Jahren in diesem Fitnessstudio und wird als heißester Kandidat für die Nachfolge des Inhabers gehandelt. Als er am Empfangstresen ankommt, sinkt seine Laune schlagartig.
Die Couch ist leer.
„Wo ist mein süßer Patient hin?“, spricht er Misaki an, die gerade eine Kundin bedient. Sie grinst ihn nur verschmitzt an und verdreht die Augen.
„Es ging ihm angeblich besser“, antwortet sie knapp und konzentriert sich wieder auf die Kundin.
„Gut“, murmelt Rico ernüchtert, als er sich zu den Umkleiden aufmacht. Eigentlich hätte er sich gerne noch eingehender um Roberto gekümmert und ist ein wenig enttäuscht, dass sich der Kleine einfach vom Acker gemacht hat. Habe ich die Blicke falsch gedeutet? Ist mein Gaydar defekt? Ricos Schicht ist zu Ende, weshalb er sich auf eine erfrischende Dusche und den ersehnten Feierabend freut. Es ist gerade mal dreizehn Uhr, also steht ihm der ganze Nachmittag zur Verfügung. Die Personalräume befinden sich neben der Kundenumkleide. Als Rico darauf zugeht, tritt ein Lächeln auf sein Gesicht. Wusste ich’s doch! Vor der Tür mit der mehr als deutlichen Aufschrift ‚Nur für Personal‘ steht Roberto. Er hat sich lässig an die Wand gelehnt. Er sieht gut aus. Schlank, groß, dunkler Teint. Als Rico näherkommt, beginnt der Italiener zu strahlen.
„Da bist du ja endlich.“
„Ja, da bin ich. Es scheint dir wieder besser zu gehen, wie ich sehe“, entgegnet Rico mit einem breiten Grinsen.
„Ich weiß auch nicht, was mit mir los gewesen ist. Wahrscheinlich hat mir deine Rückansicht den Atem geraubt.“ Roberto tritt vor Rico und legt seine Hände auf dessen verschwitzte Oberarme. Lasziv leckt sich der junge Mann über die Lippen. Es ist klar, was er will, doch Rico wird ihn noch ein wenig zappeln lassen.
„Sag mal, spinnst du? Ich arbeite hier. Wie kommst du dazu, mich derart plump anzugraben?“ Roberto reißt die Augen weit auf und lässt Rico blitzschnell los, als ob er eine Seuche wäre. Erst als der Instruktor zu lachen beginnt, dämmert es seinem Kunden.
„Blödmann.“ Rico packt Robertos Arm, öffnet mit seiner Magnetkarte die Tür und schiebt den Südländer in das Innere der Personalumkleide.
So, mehr gibt es vorerst nicht … ihr könnt euch aber vorstellen, was als Nächstes kommt, oder? *g*